29. Deutsche Juniorenmeisterschaft U 22
vom 17.-19.4.98 in Nördlingen

Joppien und Ottrembka die Erfolgreichsten

(Eine Analyse von Winfried Trübenecker)

Wog man mögliche Zweifel von Seiten des DBV am Sinn dieser Meisterschaften (Termine . ..) gegen den Nutzen ab, so war das Votum der Spieler und Trainer überwältigend; stellvertretend sei Bernd Brückmann zitiert, im sogenannten zweiten Elitetrainerprojekt des DBV im U 17-Bereich tätig (zusammen mit Rena Eckart, LT Brandenburg und Harald Becker, Brauweiler): ,,Es ist ein sehr sinnvolles Turnier, nicht jeder schafft den Schritt in die höheren Gefilde, und gerade für die, die noch mit Ehrgeiz dabei sind, ist es oft demotivierend, wenn sie bei den Seniorenmeisterschaften keine Chance hatten und dann den Anschluß nicht sehen. Da ist eine Juniorenmeisterschaft durchaus ein Saisonziel für die Spieler."

Die eigene Position suchen und/oder beweisen: Da waren Spieler, die sich fast für Sofia qualifiziert hätten, gefordert von denen, die regional keine Gegner mehr haben und den Kontakt (aus der 2. bis 4. Liga heraus) zur nationalen Spitze suchen. Eingefunden haben sich die ,,Besten 100" (unübersehbare städtische Reklame) in Nördlingen, das für die zuletzt ausgerichtete DBV-Rangliste mit höchstem Lob, vom Bundestrainer angefangen, ausgezeichnet worden war. 1100 Jahre Nördlingen - und der TSV 1861 bat zu einem Empfang beim Bürgermeister, der ein opulentes Buffet spendierte, die Region feiert sich selbst und das Spiel mit dem Federball ! Der TSV legte in allen Fragen der Turniergestaltung (perfekte Halle, beste Verpflegung und Betreuung der Spieler, eigener Physio, Internet-Cafe etc.) die Meßlatte gefährlich hoch, wie es sonst gerade noch Bielefeld geschafft hatte im Echo der rundherum Befragten. Hans Werner Niesner, Landestrainer Niedersachsen, griff sich die erarbeitete Vision und formulierte eine neue Ausrichtertendenz: ,,Bielefeld und das hier, das hat neue Maßstäbe gesetzt. Man rückt den Spieler wieder mehr in den Mittelpunkt. Und ohne Spieler würden wir nicht hier sein."

 

Herreneinzel

Also Herreneinzel und zurück zur speziellen Herausforderungssituation dieses Wochenendes. So verlud Christian Barthel Sieger Joppien im ersten Satz des Viertelfinalspieles, erst bei 0:6 im zweiten findet dieser eine eigene Linie, gewinnt. Habe fertig hieß es in der zweiten Runde für Rehan Khan, Neu-Perspektivkader Gregor Hönscheid schießt sich in der Verlängerung des dritten Satzes den Weg ins Viertelfinale frei, kapituliert dort nach erreichten zehn Punkten vor Björn Deckers (Sieger '97) ultraschnellem Spiel. Der Letzte aus dem Süden, Roman Spitko, aus Meitingen staunend, kann in seinem zweiten Jahr bei den Junioren gegen Andreas Wölk sein spektakuläres Spiel zeigen (viel Trainerlob), aber verliert gegen den unglaublich schlagsicheren Langenfelder 10: 15, 11 : 15. Und die Halbfinalspiele heißen Langenfeld gegen Heiligenwald, Andreas und Mike gewinnen in je drei Sätzen. Im Finale zeigt Mike, daß er - wagen wir es - in Deutschland schon eine Klasse für sich ist, irgendwie unglaublich seine 15 deutschen Meistertitel, das toughe Auftreten auf dem Court und seine überlegene Physis, mit der er den zweiten Satz gegen Andreas Wölk mit 15:1 beendet. Beschäftigt mit einer halben Zivi-Stelle, die ihm zweimal tägliches Trainieren ermöglicht, das er braucht wie das tägliche Brot, ist sein nächstes sportliches Ziel, bei den großen Grand Prix-Turnieren über die Quali ins Hauptfeld zu kommen und so um heißbegehrte Weltranglistenpunkte zu spielen. Toi toi toi Mike.

VF: Mike Joppien - Christian Barthel 12:15, 15:11, 15:10
Björn Decker - Gregor Hönscheid 15:7, 15:3
Andreas Wölk - Roman Spitko 15:10, 15:11
Conrad Hückstädt - Thorsten Huckriede 15:2, 15:4
HF: Mike Joppien - Björn Decker 15:8, 8:15, 15:11
Andreas Wölk  - Conrad Hückstädt 15:10, 10:15,  17:16
F: Mike Joppien - Andreas Wölk 15:10, 15:1

 

Dameneinzel

Die jüngere deutsche U 19-Elite hatte Turnierpause und bei Titelverteidigerin Steffi Müller paßte der (operierte) Zeh' wieder in den Schuh, aber lauftechnisch mußte sie noch passen; so war die Bahn frei für Claudia Vogelgsang vom VfB Friedrichshafen, die ihren ersten nationalen Titel im Einzel gewinnt. Sie hatte in Saarbrücken am Olympiastützpunkt das Einzelspiel nicht verlernt, schwört, von dort weggegangen, auf ihren Heimtrainer Thomas Maier: ,,Er kennt mich schon länger, weiß, was ich brauche... Und im Finale ist es mir gelungen, einmal ruhig zu bleiben." Richtig, fast zu ruhig. Wiebke Schrernpf wunderte sich hinterher, wie ihr die Rolle des angreifenden Parts rübergeschoben wurde; bei 9:9 Gleichstand im zweiten Satz trägt Claudia ihre Gefühle nicht wie sonst nach außen, verlängert den Satz nicht, holt sich den Aufschlag zurück und dann den (größeren) Pott. Lediglich im Halbfinale hatte sie gegen Julia Suchan aus Regensburg, die in Bayern sowenig wie sie selbst in Württemberg, adaquate Spielpartnerinnen findet, einen Satz abgeben müssen.

VF: Sandra Mann - Jessica Willems 2:11, 11:4, 12:11
Wiebke Schrempf - Simone Hilt 11:8, 11:0
Julia Suchan - Stefanie Struschka 11:3, 11:3
Claudia Vogelgsang - Birgit Schönharting 11:6, 11:4
HF: Sandra Mann - Wiebke Schrempf 11:0, 11:2
Claudia Vogelgsang - Julia Suchan 11:12, 11:4, 11:5
F: Claudia Vogelgsang - Wiebke Schrempf 11:8, 11:9

 

Damendoppel

Wie gesagt, A. Hönscheid, K. Piotrowski, P. Overzier u.a. fehlten und andere nutzten diesen Umstand, sich gewaltig ins Rampenlicht zu spielen, gestalteten die Halbfinalspiele mit viel Hingabe und Einsatz bis zum Limit zu Höhepunkten für die Zuschauer (rund 500 kamen zu Besuch). Die letzten der Hessen, Miriam Schaffner und Stefanie Struschka (Wiesbaden), zwangen Britta Uhlenbroich (spielt in Steinhagen in NRW) und Katrin Kexel (Wanne-Eickel) über drei Sätze, diese sind in der Aufschlagsituation schon unglaublich aggressiv und wenn die lange Britta smasht, kommt schon was rüber und Gras hört auf zu wachsen. Auf dem Nebenfeld die Fat Twins aus Neuburg/Donau (Lokalbonus), die noch 17jährgen Herrle-Schwestern (1998/99: TSV Neuhausen), die in einem ebenso emotionalen dritten Satzmatch Suchan/Hilt bezwingen. Im Finale - Schreie gellen, Dropshots fallen - triumphieren die cleveren Nordlichter und erringen ihren ersten großen Erfolg, spielen sich in die Notizbücher der Talentscouts. Watch out for these girls! Und die zwei bayerischen Löwinnen (Sternzeichen) haben sich national das erste Mal Respekt verschafft.

VF: Jochum/Vogelgsang - Schaffner/Struschka 8:15, 9:15
Uhlenbroich/Kexel - Prax/Martenstein 11:15, 18:14, 15:12
Herrle/Herrle - Mirtsching/Schönharting 15:5,9:15 15:11
Frings/Willems J. - Suchan/Hilt 11:15, 2:15
HF: Uhlenbroich/Kexel - Schaffner/Struschka 12:15,15:6,15:10
Herrle/Herrle - Suchan/Hilt 15:11,14:18,15:13
F: Uhlenbroich/Kexe - Herrle/Herrle 15:11, 15:12

 

Mixed

Im Mixed standen die Sieger von vornherein fest, so dachten viele. Aber Dirk Reichenstein und Bianca Pils spielen sich zur Freude ihres niedersächsischen Trainers ans obere Limit, trotzen im Viertelfinale Ottrembka/Schrempf ein 17:18 im zweiten Satz ab. Im Finale - vier verschiedene Trikots laufen aufs Feld - halten Nationalspieler Björn Decker ( 1997 noch Gewinner im Mixed mit Nicole Pitro) und Geza Ladewig (Bischmisheim) die Partie völlig offen, erst in der Verlängerung gewinnen Ottrembka/Schrempf. Pech im Viertelfinale hatten Flo Körber/Julia Suchan (beide Regensburg), als beim Stand von 7:2 Florian umknickt; Verletzungen gab es sonst kaum. Sebastian Ottrembka hat 1998, nicht zuletzt mit seinen zwei Siegen hier, seine erfolgreichste Saison (nach der U 16), spielt seit September '97 am OSB, studiert Bauingenieurwesen und wurde zum Thomas Cup erstmals für die Nationalmannschaft nominiert.

VF: Ottremka/Schrempf - Reichstein/Pils 15:6, 18:17
Klupsch/Kexel - Hutzler/Herrle 5:15, 18:16, 15:6
Fried/Struschka - Huckriede M./Willems J. 10:15, 8:15
Decker/Ladewig - Körber/Suchan 15:7, 15:0
HF: Ottremka/Schrempf - Klupsch/Kexel 15:7 ,15:6
Decker/Ladewig - Huckriede M./Willems J. 15:6, 15:0
F: Ottremka/Schrempf - Decker/Ladewig 15:12 ,18:15

 

Herrendoppel

Im Vorjahr hatten Mike Joppien und Andreas Wölk im Doppel gewonnen, dieses Jahr spielten sie gegeneinander, ersterer mit S. Ottrembka, Andreas mit Gregor Hönscheid aus Brauweiler. Decker/Hückstädt versuchten es als Doppel, verloren als Saarbrücker Nationalduett gegen die unbeschwerten Wölk/Hönscheid, bei denen der Spaß am eigenen Spiel und der eigenen Herausforderungshaltung sich bis auf die letzten Zuschauerreihen übertrug. Der Unterschied, klein und gewichtig, im dritten Satz: ein Punkt. Auf dem anderen Platz fordern die Gebrüder Hukriede (Thorsten: Hat einmal nachgedacht, und es dann anders gemacht. . .: Die vielleicht erfolgreichsten Angaben kamen dabei raus. Marco: Hat für seinen Spielstil jugendliche Fans) den Favoriten maximalen Krafteinsatz ab. Im zweiten Satz halten sich Ottrembka/ Joppien zusätzlich mit Stretchübungen auf dem Felde fit, schließen aber bei 15: 10 im dritten Satz die Bücher. Im Finale ein vom HE-Finale blendend regenerierter Andreas Wölk, scheinbar unendlich überlegen gewinnen Wölk/Hönscheid ihren ersten und auch schon letzten Satz, bauen ab. Konsequenter zupackend, mächtiger Ottrembka/Joppien, erfolgreichste Teilnehmer des Turnieres.

VF: Ottrembka/Joppien - Reichstein/Zanssen 15:4,15:6
Huckriede/Huckriede - Kindervater/Niesner 15:10,15:10
HönscheidWölk - Wippich/Schmidt 15:9,15:3
Decker/Hückstädt - Sauerland/Mockenhaupt 15:5,15:11
HF: Ottrembka/Joppien - Huckriede/Huckriede 15:12,12:15, 15:10
Decker/Hückstädt - HönscheidWölk 7:15, 15:12, 16:17
F: Ottrembka/Joppien - HönscheidWölk 12:15 ,15:10 ,15:7

Jetzt ist es 18.35 Uhr, fast alle Spieler sind schon gefahren, ein verbliebener Rest Zuschauer wird noch zur Siegerehrung herbeigebeten, ein letztes Mal gehts aufs Stockerl und vor die Kameras. Ein Turnier, das allen (naja, verloren wurde durchaus...) gefallen hat, findet so zu einem melancholisch-heiteren Ende. Gefallen hat es sicher dem Heer jener teils noch kindlichen Linienrichter, die den Organisatoren ihren Willen zum Vorbild durch ihren disziplinierten Einsatz herzlich zurückspiegelten; hat es ganz bestimmt den zehn Schiedsrichtern, bei denen Heiko Rotermund für den DBV mal wieder prüfte und siebte. Und Wolfgang Hermann war das erste Mal Referee (,,Wer noch Oberschiedsrichter sagt, zahlt bei uns 5 Mark"), eroberte souveränen Blickes die Halle und referierte anschließend über das Abenteuer des Perfektionismus, assistiert vom vielleichteinmal Eschweiler der deutschen Badmintonschiedsrichter, Meinrad Fichtner aus Augsburg (tauscht schon mal ein Späßchen mit den Spielern auf dem Court, verklemmt sich nicht eigene Freude am Spiel, nimmt falsche Gefühle unspektakulär raus.. .). Und alles abgewunken von Heiko Rotermund, dessen Geschichten immer ein Brüller sind. Na perfekt!

Winfried Trübenecker

Ergebnisse der saarländischen Teilnehmer